Geothermie und Wärmenetz für Waghäusel

Eine Ausarbeitung zu Chancen und Risiken

von

Jan Patrick Schuhmacher, Fraktionssprecher Junge-Liste-Fraktion im Waghäusler Gemeinderat

Grundlagen und Standortbedingungen

# Geologische Grundlagen

Unter dem Begriff geothermische Energie versteht man nach VDI 4640 die in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde. Eine permanente und natürliche Einspeisung der Wärme machen Geothermie zu einer erneuerbaren Energie. Die Geothermie ist für menschliche Zeitvorstellungen unerschöpflich, obwohl sich die Erde langfristig abkühlt. Man gliedert die Nutzung der im Untergrund gespeicherten Wärme in oberflächennahe Geothermie und Tiefengeothermie.

Die Temperaturen der Erdkugel nehmen zum Erdmittelpunkt immer weiter zu. Dieser geothermische Temperaturgradient wird durch zwei Phänomene erzeugt: Restwärme aus der Zeit der Erdentstehung, also bspw. Wärmeenergie aus Verdichtung und Verschmelzung von Materie bei der Entstehung der Erde vor 4,5 Mrd. Jahren, aus Bewegungsenergie von Meteoriten-einschlägen (u.a. auch die Entstehung des Mondes) sowie permanent freiwerdende Wärme durch die Erstarrung des Erdkernmaterials in der Übergangszone vom flüssigen zum festen Kern, trägt zu etwa 30 % zu dieser Wärme bei. Wärme aus natürlichem radioaktivem Zerfall vorhandener radioaktiver Stoffe im Erdmantel und der Erdkruste ist für 50-70 % des Temperaturgradienten verantwortlich (z.B. Kalium K-40, Uran U-235 und U-238, oder Thorium Th-232).

Die Temperatur in der Erdkruste, der sog. Lithosphäre, steigt aus den genannten Gründen je 100 Meter Tiefe um rund 3°C. Mithilfe dieses Quotients aus Temperatur und Tiefe, ist es theoretisch überall möglich, Tiefengeothermie zu nutzen.(Quelle: https://www.grs.de/content/begriff-der-woche-geothermie)

# Warum dann gerade hier in Waghäusel eine Tiefengeothermieanlage?

Nicht an jedem Punkt auf der Erde herrschen gleich gute Bedingungen, um mithilfe von Wärme aus dem Untergrund ein Kraftwerk zu betreiben. Dies liegt an vielen Faktoren, von denen wir im Folgenden ein paar wichtige nennen möchten:

  • > Verlauf und Mächtigkeit der tektonischen Platten sowie der Bodenschichten
  • > Größe der Risse und Poren im Gestein
  • > Vorhandensein einer Wasserzirkulation und Ergiebigkeit des wasserführenden Nutzhorizonts
  • > Im Bereich von Verwerfungen können sich Wasserreservoirs bilden, die mit tieferem und damit heißerem Wasser versorgt werden. Man spricht von einer geothermischen Wärmeanomalie.
  • > Durchlässige Gesteinsschichten
  • > Nähe zur Bebauung / Abnehmern: Nahwärme und Fernwärme lassen sich nur effizient nutzen, wenn diese Abnehmer haben. Somit ist es sinnvoll, die Anlagen nicht zu weit von der Bebauung entfernt zu realisieren.

(Quelle: http://www.bine.info/publikationen/basisenergie/publikation/geothermie-1/geologische-physikalische-grundlagen/)

Je schneller die Temperatur mit der Tiefe ansteigt, desto geeigneter ist die Stelle zur Nutzung mittels Geothermieanlage. Wie auf folgender Grafik ersichtlich, verläuft dieser Gradient bei der Kontinentalen Tiefbohrung in der Oberpfalz bis in über 8.000 m Tiefe linear bei ca. 3,5° / 100 m. Bei den Bohrungen in Friesland, Soultz sous Forets (Elsass) und Larderello (Toscana) zeigen sich hingegen durch Störungen im Untergrund starke Nichtlinearitäten. In Soultz ist der Gradient deutlich über 4°C / 100 m, der Anstieg während der ersten 1000 m liegt sogar bei rund 10° / 100 m. In Larderello liegt der Gradient auf den ersten 250 m Tiefe sogar bei rund 80°C / 100 m Tiefe.

Betrachtet man Deutschland, ist diese erneuerbare Energieform besonders effizient im norddeutschen Becken, im süddeutschen Molassebecken sowie im Oberrheingraben nutzbar, da der Temperaturgradient aufgrund von Kombinationen zuvor genannter günstiger geologischer Bedingungen hier noch höher liegt.

Im süddeutschen Molassebecken wurden in den letzten Jahren einige Tiefengeothermieanlagen realisiert, vor allem die Landeshauptstadt München setzt seit vielen Jahren auf die Energieform und möchte zukünftig den Großteil ihres Fernwärmenetzes mit Tiefengeothermieanlagen versorgen. Im norddeutschen Becken gibt es währenddessen gerade mal eine Handvoll Anlagen, im Ruhrgebiet werden einzelne Abbauschächte des Bergbaus als Tiefengeothermieanlagen genutzt. Noch besser als die zuvor genannten Regionen eignet sich der Oberrheingraben für tiefe Geothermie. Aus diesem Grund sollen in den kommenden Jahren mehrere Tiefengeothermiekraftwerke in unserer Region entstehen.

 

Seismizität

# Induzierte Seismizität

Im Oberrheingraben gibt es natürliche Seismizität. Neben dieser natürlichen Seismizität können Erdbeben auch durch menschliche Eingriffe ausgelöst werden. Diese sog. "induzierte Seismizität" kann bspw. durch intensiven Untertagebau, das Anlegen von Stauseen, Ölbohrungen, Fracking oder tiefer Geothermie verursacht werden. Wenn man die bisher realisierten Anlagen betrachtet, stellt man die Existenz induzierter Beben um die Anlagen fest. Allerdings ist die Intensität entscheidend für das Schadenspotenzial.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Induzierte_Seismizität)

Wie stark sich Erdbeben auf unsere Bebauung auswirken, hängt vom Aufbau des Bodens in der Tiefe, dem Baugrund, der Duktilität der Gebäude und der seismischen Aktivität der Region ab. Die Auswirkungen und damit das Schadenspotenzial sind umso größer, je härter der Untergrund ist und je starrer die Konstruktion ist.

(Quelle: https://baubuch.ytong-silka.de/bautechnologie/statik/erdbeben/bemessung-nach-din-4149/)

 

# Wie stark sind die Erdstöße, welche bei uns verursacht von der Geothermie auftreten können?

Die Magnitudenskala ist logarithmisch abgestuft. Ein Beben mit der Magnitude 2,0 auf der Richterskala setzt mehr als 30 Mal so viel Energie frei, als eines mit 1,0; eines mit der Magnitude 3,0 etwa 1000 mal so viel Energie, als jenes mit Magnitude 1,0. Der Entwurf des Hauptbetriebsplans für die Anlage in Waghäusel sieht eine Abschaltung bei einem Beben der Magnitude 1,3 vor. Damit wird mit im worst-case mit Nachbeben mit einer Intensität von maximal 2,3 gerechnet.

Erdbeben mit Magnituden bis 2,0 werden als Mikrobeben bezeichnet. Sie sind nicht spürbar und es ist nicht mit Schäden zu rechnen. Bis 3,0 spricht man von extrem leichten Beben, zwischen 3,0 und 4,0 von sehr leichten Beben. In diesem Bereich ist mit ersten Schäden zu rechnen. Dabei handelt es sich um sog. „nicht-strukturelle“ Schäden, wie bspw. kleine Risse im Putz, oder umgefallene, leichte Gegenstände.

Damit ist die Behauptung der Skeptiker, es habe bisher bei jedem Tiefengeothermiekraftwerk im Oberrheingraben “leichte oder schwere Erdbeben” gegeben, nicht haltbar. Mit konkreten Magnituden werden die Beben in Basel und Vendenheim erwähnt (Basel: 3,4 / Vendenheim: 3,9). Nicht erwähnt werden die maximalen Erdstöße um deutsche Anlagen. Hierzulande waren es 2,4 in Insheim während des Zirkulationstests im Vorfeld der Inbetriebnahme, bzw. 2,1 im Betrieb. Im benachbarten Landau lag die maximale Magnitude bei 2,7. Erst recht unerwähnt bleibt, dass diese geringeren Magnituden in Waghäusel mit günstigeren Bodenverhältnissen und der vorgesehenen Ampel mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht auftreten können. (Quelle: https://www.geothermie-landau.de/lageplan.html)

# Die Ampel - ein buntes Lichtspiel?

In dem Flyer der BIFelS heißt es: "Auch in lnsheim, Landau und Vendenheim gab es diese Ampeltechnik." Dass es einen Plan mit Maßnahmen bei größere Seismizität gibt, ist richtig. Der entscheidende Unterschied liegt in den Auslösewerten. Während bei uns bereits bei Magnitude 1,3 die Ampel auf Rot springt, durfte in Insheim auch bei 2,1 weitergepumpt werden, in Vendenheim wurde gar bei Magnituden über 3,0 noch gepumpt. Da sich die Erdbeben in Landau bereits in den zwei Tagen vor dem Beben durch erhöhte Mikroseismizität ankündigten, kann man nicht - wie im Flyer dargestellt - erst reagieren, wenn es bereits zu spät ist, sondern frühzeitig Gegenmaßnahmen wie die Regulierung des Durchflusses einleiten. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geothermiekraftwerk_Landau).

# Ist die gegenseitige Beeinflussung mehrerer Anlagen zu befürchten?

Experte Prof. Ritter geht aufgrund der bisherigen Erkenntnisse nicht von einer immer wieder befürchteten gegenseitigen Beeinflussung und einer Steigerung der seismischen Aktivität aus. Man sehe an den Kraftwerken in Insheim und Landau, dass sich induzierte Beben immer auf einen kleinen Bereich um das Kraftwerk begrenzen, sagte er beim Experten-Hearing. Eine Verbindung der Aktivität ist trotz des geringen gegenseitigen Abstands von 4 Kilometern weder zeitlich, noch örtlich festzustellen.

# Ist Waghäusel mit Vendenheim vergleichbar?

In Sachen Geologie ist der Standort Waghäusel mit dem Standort Vendenheim nicht vergleichbar, da die Bohrungen dort im Gegensatz zur Anlage auf unserer Gemarkung nicht in den weichen Buntsandstein, sondern ins harte Grundgebirge reichen. Bohrungen ins Grundgebirge sind in Baden-Württemberg nicht erlaubt. Statt ins Grundgebirge in den Buntsandstein zu bohren senkt das Risiko des Auftretens von Erdbeben. Prof. Ritter rät trotzdem auch bei Bohrungen in den Buntsandstein, das Verhalten und den Weg der Flüssigkeit in der Tiefe zu verfolgen und ggf. zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Neben dem anderen Zielhorizont ist hierzulande die in Frankreich verfolgte petrothermale Geothermie, das sog. Hot-Dry-Rock-Verfahren nicht genehmigungsfähig. (Quellen: https://www.rheinpfalz.de/lokal/karlsruhe_artikel,-energie-aus-der-tiefe-_arid,5385461.html / https://www.deutschlandfunk.de/erdwaerme-geothermie-energiekrise-erneuerbare-waermepumpe-beben-100.html)

Auch in rechtlicher Hinsicht sind die Anlagen im Elsass nicht mit den geplanten, bzw. im Bau befindlichen Anlagen in Graben-Neudorf und Waghäusel vergleichbar. Im Vergleich zu Anlagen in Frankreich sind in Baden-Württemberg umfangreiche Genehmigungsverfahren zu durchlaufen und der Standort ist mittels 3D-Seismik auf Eignung zu untersuchen. (Quellen: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/neuer-schub-fuer-geothermie-am-oberrhein-100.html / https://andrebaumann.de/2023/baumann-waermewende-vorantreiben-aber-sicher/)

# Sind Auswirkungen auf das Zwischenlager in Philippsburg zu befürchten?

Im Zwischenlager in Philippsburg werden Behälter für hochradioaktiven Müll vom Typ Castor gelagert, welche mehrfache Fallprüfungen aus größeren Höhen oder einen 30-minütigen Brand aushalten müssen.

Das Gebäude selbst fällt unter das Atomrecht. Daher werden Zwischenlager im Gegensatz zu den allermeisten Gebäuden, nicht auf Grundlage der europäischen Baunormen, den sogenannten Eurocodes, gegen Wind, Schnee, Nutzlasten und Erdbeben ausgelegt, sondern nach den deutlich strengeren KTA-Richtlinien. Das Lager auf der Rheinschanzinsel wurde nach diesem Regelwerk aufwändig gegen Erdbeben, Hochwasser und die weiterhin üblichen Einwirkungen ausgelegt und somit deutlich sicherer konzipiert, als übliche Gebäude. Sämtliche Erdbeben mit Intensitäten, wie sie bei bisherigen Geothermieanlagen schon getriggert wurden, liegen derart deutlich unter den Beben, für die das Lagergebäude ausgelegt wurde, dass davon ausgegangen werden kann, dass sie keinerlei Einfluss auf den Baukörper oder das Lagergut haben können.

Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima wurden Zwischenlager in Deutschland einem Stresstest unterzogen. In diesem Stresstest wurden die Auslegungsreserven der Lager ermittelt, welche ausdrücklich über die im Genehmigungsverfahren geforderten Anforderungen hinausgehen.

Beispielweise wurden in diesem Rahmen u.a. folgende Einwirkungen untersucht:

  • Erdbeben mit einer um eine Stufe höheren Intensität als in der Anlagenauslegung
  • Hochwasser mit 2,0x höherem Abfluss als Bemessungshochwasser
  • Sicherheit gegenüber Starkregen, Sturm oder Wirbelsturm, Hagel, Schneelasten, Eisregen, Blitzschlag mit Intensitäten „deutlich oberhalb der jeweiligen Auslegung“
  • einwöchiger totaler Ausfall von Stromversorgung und Not-/Ersatzstromversorgung
  • Anlageninterne Brände mit einer Stunde längerer Branddauer
  • Brand außerhalb der Anlage mit einer Stunde längerer Branddauer
  • Flugzeugabsturz
  • stärkeren Explosionsdruckwelle mit 20 % höherem Druckverlauf

"Der „Stresstest“ [...] bestätigte, dass die in Deutschland betriebenen Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle keine Sicherheitsdefizite aufweisen, was ihre Widerstandsfähigkeit gegen naturbedingte und zivilisatorische Einwirkungen von außen (EVA) angeht."

"Insbesondere bestätigte die ESK, dass auch im Fall von Einwirkungen, die die geforderte Auslegung deutlich überschreiten, wie beispielsweise durch deutlich höhere Erdbeben oder Hochwasser, keine Zustände erreicht werden, bei denen große Mengen Radioaktivität freigesetzt werden. Dies gilt [...] auch für die aus einem Flugzeugabsturz resultierenden mechanischen und thermischen Lasten. Die trockene Zwischenlagerung in dickwandigen Behältern hat daher deutliche sicherheitstechnische Vorteile gegenüber der Nasslagerung [Bemerkung: ohne derartige Behältnisse], wie sie beispielsweise in England und Frankreich im Eingangslager der Wiederaufarbeitungsanlagen  praktiziert wird, bei der ein Versagen der Kühlung zu schwerwiegenden Unfallszenarien mit nennenswerten Freisetzungen von Radioaktivität führen kann."

(Quelle: Gutachterliche Stellungnahme zu wichtigen sicherheitstechnischen Aspekten der Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle Revision 01 / Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamtes https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Sicherheitsfragen-Zwischenlagerung-fuer-NBG-Rev01.pdf)

 

Grundwasser und Tiefenwasser

# Ist das Grundwasser gefährdet?

Es steht außer Frage, dass dem Schutz des Grundwassers, welches in unserer Region hervorragende Qualität aufweist, höchste Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Um das Grundwasser vor dem Kontakt mit Tiefenwasser und anderen Fremdstoffen zu schützen, wird beim Bohren ein Mehrbarrierensystem geschaffen: Mehrere Stahlrohre werden ineinandergesteckt und die Zwischenräume jeweils auszementiert. Daneben wird in Bau und Betrieb die Grundwasserqualität dauerhaft sowohl im Zustrom, als auch abströmend überwacht. Mit Ausnahme eines einmaligen Leckagefalls an der Bohrung der Geothermieanlage in Landau, bei welchem glücklicherweise keine Verunreinigung des Grundwassers festgestellt werden konnte, sind in hunderten Ölbohrungen im Oberrheingraben bisher keinerlei Schadenfälle bekannt.

(Quelle: Reich /d'Amro: "Schätze aus dem Untergrund", Springer-Verlag, 2022 / Informationsbroschüre des Dialogforums)

# Das Fischsterben im Saalbachkanal

Im Flyer der Bürgerinitiative heißt es, im Mai hätten in Graben-Neudorf Bohrungen nach stark schwermetall- und salzhaltigem Wasser stattgefunden. Ende Mai sind Fische, Schwäne und Nutrias im Saalbachkanal verendet. Trotz vorliegender Gutachten, welche keinen Zusammenhang zwischen Fischsterben und den Bohrvorgängen der Geothermieanlage feststellen, wird weiterhin über die mögliche Verursachung spekuliert.

Dass die Anlage Einfluss auf das Tiersterben im Saalbachkanal hatte, ist schon alleine aufgrund der Fließrichtung des Grundwasserleiters vom Saalbach weg unwahrscheinlich. Ein umfassendes Grundwassermonitoring am Bohrplatz informiert dauerhaft über gegebenenfalls auftretende Veränderungen der Wasserqualität. Die Bohrung ist durch mehrere ineinander zementierte dickwandige Stahlrohre (Multi-Barrieren-Konzept) von den Grundwasserleitern abgeschirmt. Der Bohrplatz ist wasserdicht angelegt und verfügt über ein separates Abflusssystem, das Schmutzwasser sammelt und in ein ebenfalls wasserdichtes Sammelbecken leitet. Das Schmutzwasser wird regelmäßig abgepumpt und fachgerecht entsorgt. Dass auch nach Ansicht der Behörden kein Zusammenhang zwischen Fisch- und Wasservogelsterben besteht und stattdessen mit großer Wahrscheinlichkeit Sauerstoffarmut zum Verenden der Lebewesen führte, wird in der Anfrage des Landtagsabgeordneten Dr. Balzer / AfD, durch das Umweltministerium BW erläutert:

"Die kommunale Kläranlage in Neuthard konnte als mögliche Ursache ausgeschlossen werden. Weiter ergaben sich keine Hinweise auf Giftstoffe im Saalbachkanal. Abschließend wurde als wahrscheinliche Ursache

Sauerstoffmangel im Zusammenhang mit einem Niederschlagsereignis nach langer Trockenphase und hohen Wassertemperaturen angesehen. [...] Der diesjährige großflächige Teppich aus Wasserlinsen auf dem Saalbachkanal war eher außergewöhnlich. Ursächlich hierfür war aller Wahrscheinlichkeit nach die Niedrigwassersituation in Kombination mit erhöhten Wassertemperaturen, hoher Sonneneinstrahlung sowie einem hohen Nährstoffgehalt."

 

Konkret wurde von Balzer MdL auch die Frage gestellt, ob die Landesregierung einen möglichen Zusammenhang mit der Tiefengeothermiebohrung in Graben-Neudorf ausschließen könne. Dazu nahm das Ministerium wie folgt Stellung:

"Es liegen keine Hinweise vor, die auf einen solchen Zusammenhang schließen lassen. Chemikalienaustritte auf dem Bohrplatz, der den Anforderungen der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) entspricht, sowie aus den Bohrungsabschnitten im Untergrund sind nicht bekannt. Die regelmäßigen Beprobungen der Grundwassermessstellen im Umfeld der Bohrung, welche sämtliche Grundwasserstockwerke bis ca. 180 m Tiefe erfassen, weisen seit Beginn der Probennahme keine Anzeichen für eine Verschmutzung auf.

An Chemikalien zur chemischen Bohrlochbehandlung bzw. Stimulation werden die Anforderungen analog des § 13 a Abs. 4 Wasserhaushaltsgesetz gestellt. Die bei Tiefengeothermiebohrungen verwendeten Gemische dürfen nur als „nicht“ oder (maximal) als „schwach wassergefährdend“ (WGK1) eingestuft sein. Die als „nicht“ oder als „schwach wassergefährdend“ eingestuften Chemikalien stellen keine Umweltgefahr für die aquatische Umwelt dar."

 

(Quelle: https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/3000/17_3115_D.pdf)

# Radioaktivität des Tiefenwassers

Tiefenwasser aus dem Oberrheingraben weist einen hohen Salzgehalt (bis zu 300 Gramm Salz pro Liter Wasser) auf und enthält im Wasser gelöste, natürliche Radionuklide. Mit der Förderung des Wassers können laut Bundesamt für Strahlenschutz „innerhalb der Anlage Rückstände entstehen, deren Radionuklidgehalt (spezifische Aktivität) deutlich höher ist als der natürliche Hintergrundgehalt von Böden und Gesteinen.“

Bei der Förderung können sich radionuklidhaltige Ablagerungen (englisch "Scales") in allen Anlagenteilen, die mit dem salzhaltigen Wasser in Kontakt stehen, bilden. Neben den Scales fallen in Geothermieanlagen weitere Rückstände wie defekte Anlagenteile, Filtermaterial, Schlämme und Schutzkleidung an, die auch natürliche Radionuklide in erhöhten Konzentrationen enthalten können. Diese Rückstände müssen größtenteils deponiert werden.

Die Strahlenexposition für Beschäftige der Anlage bewertet das Bundesamt für Strahlenschutz folgendermaßen:

„Nach den derzeit vorliegenden Daten könnte für Beschäftigte in Geothermieanlagen der Dosisrichtwert von 1 Millisievert pro Jahr unter ungünstigen Umständen überschritten werden. In diesen Fällen ist zu prüfen, welche Maßnahmen zur Dosisminderung mit geringem Aufwand eingeführt werden können. Hierzu zählen beispielsweise das Tragen persönlicher Schutzausrüstung oder die Suche nach alternativen Entsorgungswegen.“

Für die Bevölkerung geht Bundesamt hingegen „unter konservativen Annahmen nicht von einer Überschreitung des Dosisrichtwertes aus.“

(Quelle: https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/rueckstaende/tiefengeothermie/tiefengeothermie_node.html)

 

Lärm und Versicherung

# Ist der Lärm zumutbar?

Generell ist Bohrlärm wie auch der Lärm im Betrieb über die TA Lärm geregelt. Wie bei allen anderen Lärmimmissionen hat sich der Gesetzgeber zusammen mit Fachleuten umfassend Gedanken gemacht, welche Lärmimmissionen zumutbar sind und Grenzwerte vorgegeben. Diese müssen eingehalten werden.

In Waghäusel beträgt der Abstand zur Wohnbebauung ca. 550 m.

Zum Vergleich:

In Insheim sind es gerade mal 150 m zur Wohnbebauung. Trotz dieser unmittelbaren Nähe gebe es laut dem insheimer Ortsbürgermeister Martin Baumstark nur äußerst selten Beschwerden aus der Bürgerschaft und die Anlage sei weitestgehend akzeptiert. Im benachbarten Landau ist man mit etwa 140 m sogar noch ein paar Meter näher an der Wohnbebauung.

Auch in Unterhaching ist man mit 480 m näher an den Wohnbieten, ebenso in Sauerlach mit 460 m, in Dürrnhaar mit 520 m oder in Kirchstockach mit 440 m. Etwas weiter vom Wohngebiet entfernt ist man in Oberhaching mit 590 m und bspw. in Holzkirchen mit 700 m. Nochmal ein gutes Stück weiter weg steht die Anlage in Traufkirchen mit über 1.100 m.

Zu beachten ist auch, dass die Anlage in Waghäusel neben einer (ehemaligen) Bundesstraße sowie einer ICE-Fernbahnstrecke gebaut würde.

(Quelle: eigene Recherchen / google maps)

# Sind die Entschädigungssummen ausreichend?

Kommt es tatsächlich zu Schäden, ist zunächst der Betreiber der Geothermieanlage in der Beweispflicht aufzuzeigen, dass der Schaden nicht durch die Anlage entstanden ist. Gelingt ihm das nicht, muss er für den Schaden aufkommen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass nahezu jedes Gebäude Risse vor allem aufgrund unterschiedlicher Temperaturverformungen unterschiedlicher Baustoffe aufweist. Diese Risse sind in den meisten Fällen für die Tragfähigkeit des Gebäudes nicht von Bedeutung, sondern lediglich ein optischer Makel. Fachleute und Gutachter können diese Risse mit einer hohen Treffsicherheit von Schwindrissen, Setzrissen von durch Erdbeben verursachten Rissen unterscheiden. Wenn man absolut auf Nummer sicher gehen möchte, kann man die Decken und Wände des Eigenheims vor der Bohrung auf Fotos dokumentieren, empfahlen die Expertinnen und Experten auf der Veranstaltung in der Wagbachhalle. Laut Frau Wuttke, Bauingenieurin aus der Ortenau und selbst Geschädigte der Erdbebenserie, die durch die Geothermieanlage im elsässischen Vendenheim ausgelöst wurde, werden die dortigen Geschädigten mit Entschädigungssummen abgespeist, die deutlich nicht auskömmlich sind. Dass - falls es bei uns doch zu irgendwelchen Schäden kommen sollte - die beschädigten Bauteile fachgerecht instandgesetzt werden, muss durch den Investor sichergestellt werden! Einzelne Schäden infolge der Sondierungen mithilfe von Rüttelfahrzeugen wurden nach übereinstimmenden Aussagen von örtlichen Meisterbetrieben professionell behoben. Für den Fall, dass die Stadt dem Investor ein Grundstück zur Verfügung stellen darf, ist die Einrichtung einer Ombudsstelle vorgesehen und zugesagt, welche die Sanierung kleiner Schäden wie Risse unbürokratisch und ohne die Freigabe der Deutschen Erdwärme in Auftrag geben darf.

# Reicht die Versicherung der DEW aus?

Die Anlage der Deutschen Erdwärme ist für zwei Schadensreihen pro Jahr mit jeweils bis zu 20 Mio. € Schadenssumme versichert. Im unwahrscheinlichen Fall, dass diese Summen überschritten würden, müsste das Unternehmen zunächst nachversichern. Sollte dies immernoch nicht zur Deckung ausreichen oder es zu einer Insolvenz kommen, würde die Bergschadensausfallkasse mit ihrer Einlagesumme von weiteren 13 Mio. € einspringen. Die Befürchtung, die Versicherungssummen könnten nicht ausreichen, teilte die von den Gegnern vorgeschlagene Bauingenieurin, Frau Wuttke, auf der Expertenveranstaltung in Wiesental nicht. Für Wuttke, selbst Geschädigte der Vendenheim-Erdbeben, wo in vielerlei Hinsicht fahrlässig gehandelt wurde, war die Summe kein Thema - vielmehr sei es der Umgang mit Geschädigten und die geringe Entschädigungshöhe.

# Warum bürgt das Land nicht für Schäden?

Landesbürgschaften könnten das Vertrauen und die Akzeptanz in Tiefengeothermieanlagen aus unserer Sicht stärken. Leider bewegt sich das Umweltministerium Baden-Württemberg in dieser Angelegenheit nicht und sieht das Land zumindest bisher nicht als Rückversicherer für Schäden. Gerade weil die Investoren umfangreiche Haftpflichtversicherungen mit Nachhaftung im Fall einer Insolvenz vorlegen müssen und über die Versicherungssumme hinausgehende Schäden von der Bergschadensausfallkasse übernommen werden, sollte das Risiko für das Land doch überschaubar sein!

(Quellen: https://www.landtag-bw.de/home/aktuelles/pressemitteilungen/2023/marz/31-2023.html / https://andrebaumann.de/2023/baumann-waermewende-vorantreiben-aber-sicher/)

 

 

Fernwärme, Wärmenetz und Alternativen

# Kommt mit einem Wärmenetz ein Anschlusszwang?

Oberbürgermeister Deuschle und die Umwelt- und Energieagentur des Landkreises positionierten sich auf der Informationsveranstaltung am 10. März klar: Einen Anschlusszwang wird es in Waghäusel nicht geben. Das Fernwärmeangebot muss sich damit dem Markt stellen.

 

# Das Wärmenetz: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Ein Meter Fernwärmeleitung kostet zwischen 1000 und 2500€. Geht man von 2000€/m aus, kommt man mit 70 Mio. € auf eine Gesamtlänge von 35 km in unserer Stadt. Von den 70 Mio. € müsste ein Investor in das Fernwärmenetz dank Rekordzuschüssen von 40% (BEW) allerdings nur 42 Mio. € selbst tragen. Bei einem angenommenen Verkauf von 60.000 MWh/a und einer Verzinsung von 5% bleiben 46 €/MWh für das Netz. Rechnet man stattdessen mit einer Verzinsung von 10%, so käme man auf einen anteiligen Wärmepreis von 74 €/MWh. Hinzu kämen die Wärmegestehungskosten (Geothermie) und Wartung.

Um die Wirtschaftlichkeit eines Wärmenetzes beurteilen zu können, muss man dessen Kosten samt Hausübergabeinfrastruktur im Vergleich zu der Summe der Kosten sämtlicher Einzelheizungen der angeschlossenen Gebäude betrachten.

# Gibt es Alternativen zur Tiefengeothermie?

Geothermieanlagen mit Wassertemperaturen von über 120°C können neben Wärme auch Strom erzeugen. Als zu diesen Anlagen erprobte Alternativen werden von Skeptikern der Technologie Biogasanlagen und Solarparks mit Speichern ins Feld geführt. Schätzungen gehen bei dem bei uns geplanten Tiefengeothermiekraftwerk von einer Stromeinspeisekapazität von 4 Megawatt (MW) und einer Wärmeabgabe von 40 MW aus. Grundsätzlich kann die grundlastfähige Anlage sowohl Strom, als auch Wärme zu jeder Tages- und Jahreszeit in konstanter Menge abgeben. Die geplante Tiefengeothermieanlage erzeugt auf rund 3 Hektar Land so viel Wärme, wie in 75.000 ha Wald pro Jahr nachwächst (im Landkreis Karlsruhe gibt es 37.000 ha Wald). Damit scheidet Biomasse (Pellets etc.) für die Substitution der Energiebereitstellung einer Tiefengeothermieanlage praktisch aus.

(Quelle: EUEA: FAQ für Waghäusel / https://www.waghaeusel.de/fileadmin/Dateien/Website/Dateien/FAQ__Argumentationshilfen_EnergieKlimaWaerme_in_Waghaeusel.pdf)

# Biogasanlagen

Biogasanlagen können ebenfalls so konzipiert werden, dass Strom, wie auch Wärme produziert werden können. Auch wenn hierzulande noch Potenzial in dieser Technologie gesehen wird und aktuell mehrere Städte des Landkreises bspw. die Idee zu einer gemeinsamen Biogasanlage bekundeten, sind die Möglichkeiten nicht grenzenlos. Der Umsetzung von Neugründungen steht oft das Problem entgegen, dass viele Bioabfälle aktuell auf Basis von langfristigen Verträgen mit einer Bindungsdauer von Jahrzehnten bereits an bestehende Anlagen geliefert werden müssen. Grundsätzlich können diese Anlagen allerdings nicht nur mit Bioabfällen, sondern auch mit Gülle oder Nutzpflanzen betrieben werden. Letztere werden dabei zerhäckselt und zur Gaserzeugung verwendet. Am weitesten verbreitet ist hier die Maissilage, wo Maispflanzen mit Ausnahme der Wurzeln komplett verarbeitet werden. Die Schattenseiten der Verwendung von Pflanzen zur Gaserzeugung sind der große Flächenverbrauch, die Tendenz zu immer mehr Monokultur und die Konkurrenz mit der Flächenbewirtschaftung zur Nahrungsmittelerzeugung um die Flächen. Je MW elektrischer Leistung benötigt man etwa 500 Hektar (ha) Maissilage oder 800 - 1200 ha Grünland, je MW Wärme etwa die Hälfte (Quelle: https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/20080708). Die Gesamtfläche der Waghäusler Gemarkung, welche Gewässer, Siedlungsflächen, Wald und landwirtschaftlich genutzte Flächen einschließt, beträgt ca. 4300 ha. Eine Biogasanlage mit der gleichen Kapazität an Wärmeerzeugung wie das geplante Geothermiekraftwerk bräuchte somit grob die fünffache Fläche der Gemarkung (ca. 20.000 ha) als Anbaufläche für Maissilage oder die zehnfache Fläche der Gemarkung als Grünland. Das entspricht einer Fläche von Neulußheim bis Ubstadt-Weiher. Wenngleich die Dimension des Flächenbedarfs hiermit schon klar sein dürfte: Wer Tiefengeothermie im Oberrheingraben generell verhindern möchte, muss für jedes einzelne geplante Kraftwerk eine Alternative vorlegen.

# Solarparks mit Speicher

Der zentrale Nutzen einer Geothermieanlage liegt weniger in der Stromerzeugung, als vielmehr in der Wärmebereitstellung. Grundsätzlich ließe sich der Strom auch mittels PV-Anlagen erzeugen. Um die 4 MW elektrisch zu substituieren, müsste man einen Solarpark mit rund 35 ha Fläche herstellen, also knapp 6 Mal der neue Solarpark Bruhrain Süd. Da der Strom allerdings nur bei Sonneneinstrahlung fließt, würde man Speicher benötigen. Ginge es nur um Strom, wäre es also durchaus möglich, das Kraftwerk zu ersetzen, wenn auch beim etwa 10-fachen Flächenverbrauch und der eher dichten Besiedelung der Region.

(Quelle: Fraunhofer ISE: Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, Fassung vom 1.3.2023 https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutschland.pdf)

 

# Windenergieanlagen

Die Erzeugungskapazität von 4 MW elektrisch durch 2 Windräder derselben Leistung wie die auf dem Deponieberg in Karlsruhe zu ersetzen, greift zu kurz. Zunächst ist auch Windkraft nicht grundlastfähig und es würden Speicher benötigt. In unserer eher windschwachen Region würden – gerechnet mit 1900 Volllaststunden - 8 statt 2 solcher Anlagen mit einer Leistung samt Speichern in o.g. Größenordnung erforderlich.

 

 

# Sind Wärmepumpen die bessere Alternative?

Im Flyer der Geothermieskeptiker ist die Rede davon, dass die meisten Hausbesitzer bereits eine Heizung besäßen und der Markt für regenerative und CO2-neutrale Heizungsanlagen den Trend zur Energieautarkie bediene. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass auch im Jahr 2021 noch jede zweite Wohnung mit Gas und jede vierte mit Heizöl beheizt wurde und noch 2020 der mit Abstand größte Anteil an neuen Heizungen Gas-Brennwert-Heizungen waren.

Teilt man die Heizungsanlagen auf Altbau und Bestand auf, entsteht folgendes Bild:

Der vor allem im Neubau sichtbare Trend zum Einbau von Wärmepumpen hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass der Markt praktisch leer gekauft ist und Kaufwillige in der Folge im Durchschnitt aktuell 38 Wochen auf eine Wärmepumpe warten und hohe Preise bezahlen müssen. Alleine in den letzten beiden Jahren lag die Preissteigerung bei insgesamt über 20%. (Quelle: https://www.ingenieur.de/fachmedien/hlh/wissen/shk-produkte-preise-werden-weiter-steigen/) Übliche Wärmepumpen eignen sich außerdem vorrangig für Gebäude mit Flächenheizungen, wie Fußbodenheizungen, wie man sie vor allem im Neubau sieht. Flächenheizungen benötigen nämlich eine geringere Vorlauftemperatur, als konventionelle Heizkörper. Zur Abtötung von Legionellen, anderweitig gewünschten hohen Temperaturen und zur Unterstützung bei sehr niedrigen Außentemperaturen sind klassische Wärmepumpen üblicherweise zusätzlich mit einem Heizstab ausgestattet. Dieser übernimmt bei Temperaturen jenseits der eingestellten Vorlauftemperatur. Im Gegensatz zum üblichen Heizbetrieb mittels Wärmetauscher mit einem Wirkungsgrad von 250 - 500 % wandelt der Heizstab elektrische Energie 1:1 in thermische Energie. Das bedeutet in etwa eine Verdreifachung der Kosten für die Warmwassererzeugung oberhalb der Vorlauftemperatur sowie für die Zusatzwärme an sehr kalten Tagen. (Quelle: https://www.heizungsfinder.de/waermepumpe/wirtschaftlichkeit/wirkungsgrad)

Neue Hochtemperatur-Wärmepumpen kommen grundsätzlich auch für einen Großteil der Bestandsbauten in Frage. Während CO2-Wärmepumpen nur bei großer Abnahme bspw. in der Industrie zum Einsatz kommen, bieten sich hier am ehesten Zweikreis-Wärmepumpen an. Neben dem im Altbau generell hohen Energiebedarf aufgrund der Qualität der Gebäudehülle sowie der Heizkörper nimmt die Effizienz der Anlagen bei den erforderlichen hohen Vorlauftemperaturen im Vergleich zu konventionellen Wärmepumpen, die nicht in Frage kommen, deutlich ab. Letztlich bleibt noch die Frage offen, woher die Menge an benötigtem Strom für ein x-faches der heutigen Anzahl an Wärmepumpen kommen soll. (Quelle: https://www.net4energy.com/de-de/heizen/hochtemperatur-waermepumpe)

# Die Kosten für einen Haushalt mit Fernwärme

Zunächst ist es von Bedeutung, wie viel Heizwärme ein Gebäude verbraucht. Dieser Heizwärmebedarf hängt vor allem vom Gebäudevolumen, dem Verhältnis von Volumen zur Hüllfläche und dem Dämmstandard der Hülle ab.

In Deutschland verteilen sich die Wohneinheiten etwa 1:1 auf Ein- und Zweifamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser. Laut energieheld.de benötigt die durchschnittliche Wohnung in Deutschland ca. 130 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Das Portal heizung.de liefert grobe Angaben des Heizwärmebedarfs typischer Wohngebäude:

# Standard zwischen 1970 und 1980:                                                                 200 - 300 kWh/m²a

# Standard zwischen 1980 und 1990:                                                                125 - 200 kWh/m²a

# Standard zwischen 1990 und 2000:                                                                90 - 125 kWh/m²a

# Standard zwischen 2000 und 2020:                                                                25 - 90 kWh/m²a

Einmalige Kosten

Als Kosten für die Wärmeübergabestation für einen Haushalt werden in Waghäusel öfter ca. 20.000 € genannt. Ist das realistisch?

Nach unseren eigenen Recherchen bieten so gut wie alle Fernwärmeanbieter einen kompletten Anschluss, inkl. Hausstation für maximal 15.000 € an. Noch günstiger ist die Ausrüstung laut dem Portal heizung.de. Sie beziffern die Ausgaben für einen Hausanschluss zwischen 5.000 € und 10.000 € plus Montage. Damit ist der Fernwärmeanschluss in vielen Fällen günstiger, als die Anschaffung einer Heizungsanlage inkl. deren Einbau. Als weiteren Vorteil gerade im Vergleich zu Öl, Pellets und Gas ist, dass mit einem Fernwärmeanschluss kein Abgassystem, also kein Schornstein benötigt wird, da keine Verbrennung im Haus stattfindet. Die Kosten für den Anschluss muss der Endkunde aktuell bei mind. 25% erneuerbarem Anteil im Heizungsmix (wie z.B. bei Tiefengeothermie) nicht voll selbst tragen, sondern kann sich einen BEG-Zuschuss in Höhe von 30 % gewähren lassen. Nochmal 10 % können Haushalte sparen, die eine alte Öl-, Gas-, Kohle und Stromheizung mit dem Umstieg auf Fernwärme austauschen.

-----------------------------------------------------------------------------------

Summe der einmaligen Kosten für die Übergabestation inkl. Einbau ohne Fördermittel:8.000 € - 15.000 €

bzw. bei mind. 25 % erneuerbarer Wärme im Mix:                                     5.600 € - 10.500 €

zusätzlich beim Umstieg aus Öl, Gas, Kohle oder Pellet:                           5.050 € - 9.450 €

Laufende Kosten

Die laufenden Kosten setzen sich durch den Grundpreis, den Arbeitspreis und bei manchen Anbietern durch einen Dienstleistungspreis zusammen.

# Die Höhe des Grundpreises ist abhängig vom Anschlusswert und liegt laut Heizung.de bei rund 20 - 30 € pro Kilowatt im Jahr. Für ein Einfamilienhaus mit 150 m² Wohnfläche und dem Durchschnitts-Heizwärmebedarf von 130 kWh/m²a mit einer Heizlast von 20 kW bedeutet das jährliche Kosten von 400 bis 600 €.

# Der Arbeitspreis, also der Preis pro kWh liegt laut heizung.de zwischen 9 und 12 ct/kWh. Bei einem Verbrauch von 20.000 kWh kommen zu dem genannten Grundpreis also Kosten von 1.800 und 2.400 € pro Jahr hinzu.

# Einige Versorger erheben außerdem eine Dienstleistungsabgabe für Messung und Abrechnung i.H.v. 100 bis 250 € pro Jahr.

-----------------------------------------------------------------------------------

Summe der jährlichen Kosten für 20.000 kWh:                                         2.200 € bis 3.250 €

 

Zum Vergleich:

Standard aus den 1970ern, 150 m² mit 30.000 bis 40.000 kWh:              3.300 € bis 6.250 €

Standard aus den 1980ern, 150 m² mit 18.750 bis 30.000 kWh:              2.070 € bis 4.750 €

Standard aus den 1990ern, 150 m² mit 13.500 bis 18.750 kWh:              1.515 € bis 3.100 €

Standard zwischen 2000 und heute, 150 m² mit 3.750 bis 13.500 kWh:  540 € bis 2.320 €

(Quelle: https://www.heizung.de/finanzielles/wissen/typische-fernwaerme-kosten-im-ueberblick.html)

Wie schneidet Fernwärme im Vergleich zu Einzelheizungen ab?

Der Energiemix in deutscher Fernwärme mit 67% Wärme aus Gas, Kohle und Öl. Steigen die Preise dieser drei Energieträger, ist es logisch, dass auch der Durchschnittspreis für Fernwärme deutlich ansteigt.

 

Prof. Wolff stellte auf der Informationsveranstaltung Fernwärme als teuerste Energie dar. Betrachtet man nur den Arbeitspreis, trifft diese Aussage für die Jahre vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Vergleich zu den konventionellen Alternativen zu. Bei den im letzten Jahr volatilen Preisen der einzelnen Energieträger hat sich das Verhältnis jedoch verschoben und teilweise umgekehrt.

Betrachtet man Anbieter, die hauptsächlich Wärme aus Tiefengeothermie anbieten, ergibt sich folgendes Bild:

Der Arbeitspreis für eine Kilowattstunde liegt somit im Median bei 9,05 Cent.

Im Schnitt landet man also bei den Erdwärmeanbietern aus dem Münchener Raum bei rund 11,5 Cent für eine Kilowattstunde Heizwärme – den Grundpreis eingerechnet. Mit diesem Preis ist erneuerbare Heizwärme aus der Tiefe in den genannten Gemeinden aktuell - die Preisbremse herausgerechnet - günstiger, als konventionelles Gas mit einem Bestpreis von rund 12,2 Cent je Kilowattstunde auf dem Vergleichsportal verivox.

Den genannten Gesamtkostenvergleich (nur laufende Kosten ohne Anschaffung) mit Gas und weiteren Heizungsarten zeigt folgendes Bild:

Damit ist das Heizen mit Fernwärme aus Geothermie bei den aktuellen Marktpreisen in Sachen laufende Kosten mit anderen Heizungen vergleichbar günstig, bzw. teuer.

Die durchschnittlichen Anschaffungskosten und Wartungskosten für die gängigsten Heizungsarten im Vergleich zum Fernwärmeanschluss sind:

Will man die Gesamtkosten für Fernwärme und dezentrale Wärme seriös miteinander vergleichen, muss man sowohl Anschaffung und Einbau, als auch Wartung, Reparatur und je nach Betrachtungszeitraum auch den Austausch der Heizungsanlagen in die Berechnungen mit einbeziehen. Auch Förderprogramme sollten berücksichtigt werden.

Entscheidend ist letztlich vor allem auch die politische und geopolitische Entwicklung. Heute die Preise für Wärme aus den einzelnen Energieträgern in 5 oder 10 Jahren treffsicher abzuschätzen ist zweifelsohne nicht möglich. Was sich aber sowohl in Europa, als auch in Deutschland deutlich zeigt: Förderungen für konventionelle Energieträger sind nahezu komplett verschwunden, immer höhere Anteile des Energiebezugs aus Erneuerbaren werden vom Gesetzgeber gefordert. Ob Gas- und Ölheizungen auch auf lange Sicht noch verbaut und betrieben werden dürfen und ob sich ihr Betrieb noch annähernd wirtschaftlich darstellen lässt, ist sicherlich fraglich. Der im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien festgehaltene Anteil erneuerbarer Energien für neue Heizungsanlagen in Höhe von 65 % kann als Fingerzeig für die Zukunft angesehen werden.

(Quelle: https://senec.com/de/magazin/verbot-gasheizung)

 

Lithium, Zensur und die Errichtung auf privatem Grund

 

# Geht es doch nur um das Lithium?

Dass Lithium ein Stoff mit wachsender Nachfrage und Bedeutung ist, steht außer Frage. Die wichtigsten Lieferanten von Lithium sind Australien, Chile, Argentinien und Bolivien. Während man es in Australien in Minen abbaut, wird es in Südamerika aus Salzseen gewonnen. Dazu sind gigantische Mengen Wasser erforderlich und das ausgerechnet in Wüstenregionen. Das Lithiumvorkommen im Tiefenwasser des Oberrheingrabens ist Schätzungen zufolge das Größte Europas. Unternehmen wie Vulcan Energie, die EnBW und das KIT forschen derzeit an Verfahren, das Salz umweltschonender und mit einem geringeren Bedarf an Frischwasser, als mit den konventionellen Methoden, abzubauen.

(Quelle: https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/lithium-oberrhein-101.html)

Dass sich der Aufsteller der 3D-Seismik und Betreiber die Aufsuchungsrechte für möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt interessante Stoffe sichert, bevor dies ein anderes Unternehmen tut, leuchtet ein.

Wenn der Investor in Waghäusel allerdings irgendwann in der Zukunft tatsächlich Lithium fördern möchte, müsste er im Fall des Baus auf einem städtischen Grundstück einen neuen Vertrag mit der Stadt anstreben, da der aktuell vorgesehene Verhandlungsgegenstand nur Strom und Wärme ist und die Lithiumgewinnung nicht inkludiert.

# Werden Geothermieskeptiker zensiert?

Es ist richtig, dass Veröffentlichungen der Gegner im Mitteilungsblatt der Stadt gekürzt und Teile auch abgelehnt wurden. Alle Veröffentlichungen von Vereinen, Parteien, Fraktionen und Gruppierungen wie IGs und BIs müssen gemäß der Richtlinien für Veröffentlichungen im Mitteilungsblatt der Stadt verfasst sein. Dies bedeutet, dass die Texte inkl. Überschrift auf 2000 Zeichen begrenzt sind, dass man niemanden angreifen und keine Unwahrheiten verbreiten darf, etc. Nachzulesen sind die Richtlinien unter folgendem Link: https://www.waghaeusel.de/fileadmin/Dateien/Website/Dateien/047-13_Richtlinien_-_Mitteilungsblatt_Neufassung_2018.pdf

Da unter anderem nicht wahrheitsgemäß zitiert wurde, wurden Teile abgewiesen. Konkret lautete bspw. das Fazit des BFS zur Auswirkung der radioaktiven Ablagerungen: „Für die Bevölkerung ist hingegen aus heutiger Sicht unter konservativen Annahmen nicht von einer Überschreitung des Dosisrichtwertes auszugehen.“ (Quelle: https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/rueckstaende/tiefengeothermie/tiefengeothermie_node.html) In einem Artikel zu genau dieser Frage, welcher auf eben jene Aussagen des Bundesamtes verwies, wurde die Kernaussage, also das Fazit weggelassen und damit der Sinn der ursprünglichen Belegstelle verstellt.

Zu den Zitierregeln:

https://www.uni-muenster.de/ZIVwiki/pub/Anleitungen/PostScript/zitieren_und_bibliographieren.pdf.

Der Oberbürgermeister haftet letztlich für den Inhalt des Amtsblatts, daher darf und muss er derartige Textstellen streichen - auch, um mögliche Klagen Geschädigter zu verhindern. Übrigens ist es nicht selbstverständlich, dass freie Gruppierungen wie eine IG das Recht zu Veröffentlichungen im Mitteilungsblatt erhalten. In manch anderem Ort wird dies nicht zugelassen (was wir nicht gut finden!).

# Kein städtisches Grundstück = Garantie, dass keine Geothermieanlage in Waghäusel errichtet wird?

Auch auf der Informationsveranstaltung im März stellte der Leiter der Bergbehörde klar: Das Bergamt prüft die genehmigungstechnischen Anforderungen:

  • > 3D-Seismik
  • > Zuverlässigkeit des Unternehmers
  • > Erlaubnis zur Aufsuchung und Nutzung
  • > Fachkunde
  • > Einhaltung der allgemeinen Regeln der Technik
  • > Schutz der Beschäftigten
  • > Schutz Dritter
  • > Nachweis der Sicherheitsleistung
  • > Betriebsplan
    • - Bohrplatz
    • - Bohrungen
    • - Tests
    • - Probebetrieb
    • - Leistungsbetrieb
  • > ...

Sind sämtliche Genehmigungsanforderungen erfüllt, wird das Amt Bergrecht erteilen. (Quelle: https://rp.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/RP-Internet/Freiburg/Service/PresseAnhang/2021/Geothermie_am_Oberrhein_Genehmigungsverfahren.pdf / Aussagen Axel Brasse)

Ob der Investor bei einem Nein im Bürgerentscheid Verhandlungen mit Privateigentümern, dem Land, der Forstbehörde oder bspw. dem Landkreis über die Überlassung eines Grundstücks aus deren Liegenschaften in oder um Waghäusel aufnimmt, liegt in seiner Entscheidung. Ob das Grundstück zu Preisen für Ackerland oder für einen höheren Preis den Besitzer wechselt, wäre ebenfalls zwischen den Parteien auszuhandeln.

Dass es in Waghäusel durchaus Grundstücke mit einer Größe von 3 ha und mehr gibt, ist gesichert. Und es gibt mit großer Wahrscheinlichkeit auch mehrere nebeneinanderliegende Flurstücke in der Hand eines Besitzers, welche sich potenziell eignen würden. Die DEW jedenfalls hat auf der Informationsveranstaltung bekundet, dass man zwar ein städtisches Grundstück favorisiere, bei einem Nein aber auch nach geeigneten Grundstücken suchen wolle, welche sich nicht in städtischem Besitz befinden.

 

Fazit

 

# Die Stadt als Partner: Viele Vorteile

Die Stadt als Partner der DEW hätte gegenüber einer Partnerschaft des Investors mit Land, Forst oder Privaten aus unserer Sicht Vorteile bezüglich Sicherheit, Immissionen und Beteiligung an der Wertschöpfung.

Dieser Aufsatz wurde nach bestem Wissen und Gewissen mit Unterstützung von Fachleuten aus dem Bereich erneuerbare Energien, Fernwärme und der Geophysik ausgearbeitet. Unterstützt haben Frau Stadträtin Ursel Scheurer, Frau Stadträtin Antonia Scheurer und Herr Stadtrat Jochen Müller.

Das Dokument kann im PDF-Format unter folgendem Link heruntergeladen werden: Tiefengeothermie_Waghaeusel.pdf

Stand: 20.03.2023

 

Ich lade Sie herzlich ein, mit mir persönlich oder meiner Kollegin oder meinem Kollegen der Fraktion in einen sachlichen Dialog zu treten!

Und vor allem: Machen Sie am 26.03. von Ihrem Wahlrecht Gebrauch!